Freiheit in der Liebe: Von der Notwendigkeit zum wahren Gefühl
- Santiago Toledo Ordoñez
- 19. Jan.
- 9 Min. Lesezeit
In einer lebendigen Stadt, voll miteinander verflochtener Geschichten, trafen zwei Seelen in einem entscheidenden Moment ihres Lebens aufeinander. Sofía und Diego kannten sich zuvor nicht, aber etwas im Schicksal verband sie, als ob es ein größerer Plan war, ein Treffen, das ihre Sicht auf die Liebe und das Leben verändern sollte. Manchmal geschehen die tiefsten Verbindungen, wenn wir am wenigsten damit rechnen, und genau das war bei ihnen der Fall.
Sofía war in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Liebe als Antwort auf alles schien. Ihre Eltern, obwohl liebevoll, hatten immer betont, dass man, um glücklich zu sein, jemanden finden müsse, der einen liebt, jemanden, mit dem man das Leben teilen konnte. Sofía hatte dies tiefgehend interpretiert und die romantische Liebe zu ihrer wichtigsten Suche gemacht. Schon als junge Frau hatte sie geglaubt, dass Liebe der Schlüssel dazu sei, sich wertvoll zu fühlen, dass ihr Leben einen Sinn hatte. Jede Beziehung, die sie bis zu diesem Moment geführt hatte, basierte auf einem Gefühl der Mangelhaftigkeit, als müsste jemand sie wählen, damit sie sich vollständig fühlte. In ihrem Geist war Liebe der Akt des Gebens und Empfangens, aber mit einer impliziten Bedingung: *Ich liebe dich, weil ich dich brauche*. Sie wusste nicht, wie man ohne das Gefühl lebte, den anderen zu brauchen, um ihr Gleichgewicht, ihre Identität zu finden.
Diego hingegen hatte einen sehr anderen Weg eingeschlagen. Schon früh hatte er gelernt, seine Unabhängigkeit zu schätzen. Er hatte viele Erfahrungen gemacht, die ihn zu der Erkenntnis führten, dass, obwohl Liebe eine der schönsten Erfahrungen im Leben sein konnte, sie nicht die Lösung für alle Probleme war. Er hatte Beziehungen, aber nie das Gefühl gehabt, von ihnen abhängig zu sein, um glücklich zu sein. Durch seine Misserfolge und tiefes Nachdenken hatte er verstanden, dass wahre Liebe nicht diejenige war, die von der Anwesenheit eines anderen abhängt, um sich gut zu fühlen, sondern die Liebe, die aus einem Ort der Selbstakzeptanz hervorging. Sein Mantra war klar geworden: Er brauchte niemanden, um sich vollständig zu fühlen, aber er wollte sein Leben mit jemandem teilen, der ebenfalls in einem persönlichen Wachstumsprozess war, jemandem, der ihn nicht brauchte, um Lücken zu füllen, sondern um das zu teilen, was sie bereits waren. Diego war zu der Erkenntnis gelangt, dass die reife Liebe dann entsteht, wenn zwei Menschen sich nicht aufgrund dessen lieben, was ihnen fehlt, sondern wegen dessen, was sie zusammen aufbauen können. *Ich brauche dich, weil ich dich liebe*, dachte er, ein Bedürfnis, das nicht davon abhing, eine Lücke zu füllen, sondern ein Leben vollständig zu teilen.
Es war bei einem zufälligen Ereignis, einem Treffen unter gemeinsamen Freunden, wo sich Sofía und Diego kennenlernten. Sofía fühlte sich zunächst von der Ruhe und Gelassenheit angezogen, die Diego ausstrahlte. Es war etwas in seinem Blick, das ihr eine Ruhe vermittelte, die sie noch nie erlebt hatte. Das Gespräch zwischen ihnen war einfach, fließend, als ob sie sich ihr ganzes Leben lang gekannt hätten. Während sie sprachen, begann Sofía eine sofortige Verbindung zu fühlen, als ob sie endlich jemanden gefunden hätte, der ihr das geben konnte, wonach sie immer gesucht hatte: eine Liebe, die sie sicher und vollständig fühlen ließ. In ihrem Geist schien die Liebe zu Diego die Antwort auf all ihre Sehnsüchte zu sein.
Für Diego war es jedoch nicht zu übersehen, welche lebendige Energie Sofía ausstrahlte. Es war etwas an ihr, das ihn faszinierte, eine Leidenschaft fürs Leben, die ihn antrieb, besser zu werden. Doch innerlich spürte Diego, dass er seinen emotionalen Raum schützen musste, dass das, was zwischen ihnen geschah, auf mehr basieren sollte als der Suche nach Bestätigung oder dem Bedürfnis, sich gegenseitig zu vervollständigen. Diego hatte das Gefühl, dass Liebe aus einem Ort der Freiheit geboren werden sollte, aus zwei Wesen, die sich aufgrund dessen wählten, was sie waren, nicht weil sie sich brauchten.
In den ersten Wochen schien ihre Beziehung gut zu passen. Sofía begann, wie sie es in der Vergangenheit immer getan hatte, ihre Erwartungen an die Liebe auf Diego zu projizieren. Sie fühlte, dass er sie verstand, dass er sie in gewisser Weise vervollständigte. Manchmal fand sie sich dabei, zu denken, dass, wenn Diego sie genug liebte, er die innere Leere füllen würde, die sie immer gefühlt hatte. Der Satz *„Ich liebe dich, weil ich dich brauche“* wurde wieder zu ihrem Mantra, und manchmal sagte sie es direkt zu Diego: *„Ich liebe dich, weil ich dich brauche“*. Für sie war Liebe eine Art, die Lücken zu füllen, die sie in sich spürte. Wenn Diego sie liebte, wäre sie genug.
Diego, obwohl tief verliebt, begann sich unwohl zu fühlen. Nicht weil er Sofía nicht wollte, sondern weil er verstand, dass das, was sie von ihm verlangte, keine reife Liebe war, sondern ein Bedürfnis, das er nicht vollständig befriedigen konnte. Er wollte nicht die Antwort auf Sofías Mängel sein, noch der Pfeiler, auf dem sie ihre Identität aufbaute. Er wusste, dass eine Liebe, die auf Abhängigkeit basierte, nur zu Frustration führen konnte, nicht zu Wachstum. Trotz seiner Liebe spürte Diego den Druck, der „Retter“ für Sofía zu sein, alle Leere zu füllen, die sie dachte, nur er könne füllen. Aber etwas in ihm sagte ihm, dass diese Art von Liebe nicht die war, die er wollte oder die er bieten sollte.
Nach mehreren Wochen unausgesprochener Spannungen und wachsender Unbehaglichkeit entschied sich Diego, mit Sofía zu sprechen. Er befand sich an einem Punkt, an dem er nicht weitermachen konnte, ohne ehrlich zu ihr zu sein. Eines Tages, während eines Spaziergangs im Park, in den sie oft gingen, sah Diego sie sanft an und sagte:
„Sofía, ich möchte, dass du etwas sehr Wichtiges weißt. Ich liebe dich sehr, wirklich. Aber die Liebe, die ich suche, ist keine Abhängigkeitsliebe. Ich will nicht, dass du mich brauchst, um dich vollständig zu fühlen, weil du schon vollständig bist, ganz allein. Ich liebe dich, weil du ein unglaublicher Mensch bist, weil ich deine Stärke und deine Leidenschaft für das Leben bewundere. Aber ich liebe dich nicht, weil ich dich brauche, ich liebe dich, weil ich dich respektiere und weil du mich dazu bringst, ein besserer Mensch zu sein. Ich bin nicht die Antwort auf deine Lücken, und ich möchte es auch nicht sein. Ich brauche dich, weil ich dich liebe, aber ich liebe dich, weil du du bist, mit deinen eigenen Eigenschaften und deinem eigenen Sein, nicht weil du mir irgendwie das Gefühl gibst, die Lösung für das zu sein, was dir fehlt.“
Die Worte von Diego trafen Sofías Herz wie eine Offenbarung. Obwohl sie zunächst überrascht und ein wenig verwirrt war, klickte etwas in ihr. Es war das erste Mal, dass jemand ihr auf so eine wahre und gesunde Weise von Liebe sprach. In diesem Moment verstand Sofía, dass ihr Konzept von Liebe, das auf Bedürftigkeit basierte, falsch war. Liebe sollte keine ständige Suche nach Vervollständigung durch den anderen sein, sondern eine Gelegenheit, das Leben zu teilen, zu wachsen und sich gegenseitig zu unterstützen, ohne auf den anderen angewiesen zu sein, um sich wertvoll zu fühlen.
Ab diesem Tag begann Sofía eine Reise der Selbstentdeckung und Selbstwertschätzung. Sie suchte nicht mehr bei Diego nach der Bestätigung ihrer Existenz, sondern begann, ihren eigenen Wert zu entdecken, sich selbst zu lieben, ohne dass jemand anderes es bestätigen musste. Für Diego, der diese Veränderung in Sofía sah, fühlte sich alles ruhiger an und er kam ihr näher. Die Liebe, die sie teilten, wurde tiefer, freier, ohne Bindungen.
Die Liebe zwischen ihnen hörte auf, eine Beziehung der Abhängigkeit zu sein, und verwandelte sich in eine Beziehung der gegenseitigen Unterstützung und des Respekts. Sofía, nun bewusst ihrer eigenen Kraft und Autonomie, verstand, dass reife Liebe nicht die ist, die von emotionalen Bedürfnissen abhängt, sondern die, die aus Freiheit, Respekt und dem Wunsch entsteht, das Leben mit jemandem zu teilen, der, wie du, sich selbst liebt und respektiert.
Mit der Zeit wuchs ihre Liebe stärker, authentischer, weil sie auf dem Verständnis beruhte, dass beide sich nicht aufgrund dessen wählten, was ihnen fehlte, sondern wegen dessen, was sie sich in einem Raum der Freiheit und des Wachstums geben konnten. Und so lernten Sofía und Diego die wahre Essenz der Liebe: eine reife Liebe, in der sich jeder zuerst selbst liebte und dann einander wählte.
Ende.

La historia, die wir untersucht haben, spiegelt die Ideen wider, die Erich Fromm in seinem Werk *Die Kunst des Liebens* präsentiert, in dem er die zwei Formen der Liebe unterscheidet: die unreife Liebe ("Ich liebe dich, weil ich dich brauche") und die reife Liebe ("Ich brauche dich, weil ich dich liebe"). Durch die Charaktere von Sofía und Diego zeigt die Erzählung praktisch, wie sich diese beiden Formen der Liebe in einer Beziehung entwickeln und wie sie die Art und Weise verändern können, wie Menschen miteinander umgehen.
Die unreife Liebe: "Ich liebe dich, weil ich dich brauche"
In der Geschichte repräsentiert Sofía die Art von unreifer Liebe, die Fromm beschreibt. Im Laufe ihres Lebens war Sofía von einer Vorstellung von Liebe beeinflusst worden, die sie dazu brachte, von der Präsenz einer anderen Person abhängig zu sein, um sich wertvoll oder vollständig zu fühlen. Für sie war es gleichbedeutend mit der Notwendigkeit, jemanden zu lieben: "Ich liebe dich, weil ich dich brauche". Diese Art von Liebe ist geprägt von Mangel und emotionaler Abhängigkeit, was, in Fromms Worten, ein Bedürfnis nach Zuneigung, Sicherheit und externer Bestätigung widerspiegelt.
Sofía sucht in Diegos Liebe ein emotionales Loch zu füllen, in der Hoffnung, dass er die Antwort auf ihre Ängste, Unsicherheiten und Einsamkeit sein würde. In diesem Kontext ist Liebe kein Akt des Teilens, sondern eine Möglichkeit, Zuflucht im anderen zu suchen und ihn als Mittel zur eigenen Befriedigung zu nutzen. Die unreife Liebe ermöglicht kein echtes Wachstum der beiden Individuen, da sie auf der Vorstellung basiert, dass der andere alle emotionalen Bedürfnisse des Liebenden befriedigen muss. Diese emotionale Abhängigkeit führt oft zu einer unausgewogenen und schließlich unhaltbaren Beziehung, da immer ein Gefühl des Mangels bestehen wird, das von keinem anderen Menschen vollständig gefüllt werden kann.
Die reife Liebe: "Ich brauche dich, weil ich dich liebe"
Diego hingegen repräsentiert die reife Liebe gemäß Fromms Vorstellung. Für ihn geht es bei der Liebe nicht um ein verzweifeltes Bedürfnis, ein inneres Loch zu füllen, sondern um eine bewusste Entscheidung, das Leben mit jemandem zu teilen, den man als Individuum respektiert und wertschätzt. Wenn Diego zu Sofía sagt: "Ich brauche dich, weil ich dich liebe", spiegelt er die reife Liebe wider, die Fromm als eine Beziehung der gegenseitigen Unterstützung und des Wachstums beschreibt, nicht basierend auf Abhängigkeit, sondern auf dem Respekt vor der Autonomie des anderen.
Fromm definiert die reife Liebe als jene, in der beide Personen sich freiwillig wählen, ohne die Notwendigkeit, durch den anderen vervollständigt zu werden, sondern aus dem Wunsch, gemeinsam einen Weg zu teilen. In dieser Art von Liebe behält jeder sein eigenes Wesen und seine Autonomie, wählt aber den anderen für das, was er ist, nicht für das, was er vom anderen braucht. Reife Liebe ist ein Akt des Gebens und Nehmens, der nicht von einem Bedürfnis nach Liebe abhängt, sondern von dem Wunsch, den anderen zu pflegen und mit ihm zu teilen.
Die Transformation von Sofía: Von der unreifen Liebe zur reifen Liebe
Die Entwicklung von Sofía im Verlauf der Geschichte veranschaulicht den Transformationsprozess, den Fromm in *Die Kunst des Liebens* beschreibt. Zu Beginn sieht Sofía in Diego jemanden, der ihre emotionalen Lücken füllen kann. Doch nach dem Gespräch mit ihm beginnt Sofía zu verstehen, dass Liebe nicht von der Notwendigkeit des anderen abhängen sollte. Dieser Prozess der Selbstentdeckung und Selbstwertschätzung ist entscheidend, um von einer unreifen Liebe zu einer reifen Liebe zu gelangen. Wie Fromm betont, ist eine der größten Herausforderungen der reifen Liebe die Fähigkeit, "die anderen zu lieben, ohne sich selbst zu verlieren" und nicht von der anderen Person abhängig zu sein, um den eigenen Wert zu definieren. Indem sie lernt, sich selbst zu lieben und ihren eigenen Wert zu erkennen, beginnt Sofía, ihre Liebe zu Diego zu transformieren. Liebe ist nun keine emotionale Notwendigkeit mehr, sondern eine bewusste und freie Wahl.
Sofía geht von einer Liebe, die auf Abhängigkeit und Mangel beruht, zu einer Liebe über, die auf Respekt und Wertschätzung für das, was sie und Diego als vollständige Individuen sind, basiert. Indem sie dies tut, verwandelt sich ihre Beziehung zu Diego in eine tiefere Verbindung, in der beide wachsen und sich gegenseitig unterstützen können, ohne dass der eine vom anderen abhängig ist, um sich wertvoll zu fühlen. Dies ist das Herz der reifen Liebe: eine Beziehung, die nicht auf Notwendigkeit basiert, sondern auf dem Wunsch, gemeinsam zu teilen und zu wachsen.
Die Bedeutung der Autonomie in der reifen Liebe
Ein zentraler Punkt in Fromms Vision der reifen Liebe ist die Autonomie. In einer reifen Beziehung sollte jede Person in der Lage sein, unabhängig zu agieren und ihre Identität zu finden, ohne vollständig von der anderen Person abhängig zu sein. Das bedeutet nicht, dass die beiden Individuen einander nicht brauchen, sondern dass sie sich auf eine Weise brauchen, die gegenseitiges Wachstum und Gegenseitigkeit fördert, nicht Abhängigkeit.
Aus Fromms Sicht bedeutet reife Liebe nicht, die Unabhängigkeit aufzugeben oder sich im anderen zu verlieren. Vielmehr impliziert sie die Fähigkeit, vollständig zu lieben, ohne dass diese Beziehung die Freiheit und persönliche Entwicklung der Beteiligten aufhebt. Sofía, die lernt, sich selbst zu lieben und ihren eigenen Wert zu erkennen, entdeckt, dass sie Diego lieben kann, ohne ihre Autonomie zu verlieren. Auf diese Weise wird die Liebe zu einem Akt der Großzügigkeit, in dem beide sich freiwillig wählen und sich gegenseitig auf ihren jeweiligen Lebenswegen unterstützen.
Die Kunst des Liebens als Prozess des Wachstums und der Wahl
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Geschichte von Sofía und Diego ein klares Spiegelbild der Konzepte ist, die Fromm in *Die Kunst des Liebens* behandelt. Die Transformation von Sofía, von einer unreifen Liebe, die auf Bedürftigkeit basiert, hin zu einer reifen Liebe, die auf gegenseitigem Respekt basiert, spiegelt wider, wie Liebe eine bewusste Wahl des Gebens und Nehmens sein kann, ohne vom anderen abhängig zu sein, um emotionale Lücken zu füllen.
Fromm betont, dass reife Liebe eine emotionale Reife erfordert, die Autonomie und individuelles Wachstum ermöglicht, während unreife Liebe auf Abhängigkeit und Mangel basiert. Der Schlüssel zur wahren Liebe, so Fromm, liegt darin, zuerst sich selbst zu lieben, um dann in der Lage zu sein, den anderen auf eine tiefe, authentische und freie Weise zu lieben. Nur durch diese reife Liebe, die auf Respekt und Freiheit basiert, ist es möglich, wahrhaft bedeutungsvolle und dauerhafte Beziehungen zu schaffen.
Die Geschichte von Sofía und Diego spiegelt daher nicht nur die theoretischen Konzepte von Fromm wider, sondern auch, wie diese Prinzipien im realen Leben angewendet werden, in Beziehungen, die sich entwickeln und wachsen, wenn sie auf reifer Liebe basieren.
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